Mario Lohrengel

Kreativ-Mind-Machine

Bei dem Begriff Mind-Machines geht es vordergründig um Bewusstsein und Bewusstseinserweiterung von bzw. durch Maschinen. Dies impliziert auch ein Nach-Außen-Verlagern von Bewusstsein: vom Mensch in ein technisches Artefakt. Mit dem menschlichen Gehirn bzw. seinen Fähigkeiten als Modell oder Vorbild wird der Versuch unternommen Bewusstsein in Dinge zu übertragen. Dieses Vorhaben wird (kritisch) sowohl auf technologisch- als auch auf kulturwissenschaftlicher Ebene reflektiert: z.B. von Vilém Flusser (er schreibt über elektronische Gedächtnisse, 1988), von Mortimer Taube (er reflektiert kritisch die Möglichkeit einer Denkmaschine, 1961); um nur einige Leuchttürme zu nennen.

Ein wesentlicher Aspekt von Bewusstsein ist der Anspruch kreativ schöpfen zu können. In diesem Sinne können Mind-Machines Maschinen sein, die (scheinbar oder tatsächlich?!) kreativ handeln oder einen kreativen Output erzeugen; diese also auf ein Bewusstsein (Mind) rekurrieren, das in einem technischen Artefakt steckt (und damit unser Bewusstsein erweitert oder externalisiert). Angestellte Überlegungen lassen sich auf die kulturell-künstlerische Produktion übertragen:
Dies geschieht sowohl auf analoger (Jean Tinguely, echo yang: everyday obsolete machines), digitaler (Iasmus Music Computer, Harold Cohens Malprogramm AARON) als auch analogitaler Ebene (Perpetual Storytelling Apparatus von Julius von Bismarck, Autonomous Drawing Robot von Matthias Dörfelt, Malmaschinen von Andres Wanner – drawing robot with lego mindstorms).

Analoge, digitale und analogitale (Mind-) Maschinen komponieren Musik, malen und zeichnen Bilder und spielen Theater (Gob Squat – My Square Lady); sie scheinen – im Sinne eines Animismus – kreativ zu sein oder sind – im Sinne eines maschinalen Bewusstseins, sprich KI – vielleicht sogar tatsächlich kreativ.

Mario Lohrengel (*1986) bewegte sich bereits während seines Studiums der Kunstpädagogik und Geschichte (für das Lehramt an Gymnasien) an der Goethe-Universität Frankfurt am Main – sowohl in seiner praktisch-künstlerischen Arbeit als auch in seinem theoretischen Interesse – im Spannungsfeld von Maschine-Mensch-Kunst-Absurdität. Nach seinem ersten Staatsexamen begann er – als Promovend im Bereich der Visuellen Kultur und gefördert durch die Hans-Böckler-Stiftung – sein Dissertationsprojekt mit dem Titel: Absurde Maschinen. Als Gründungsmitglied der interdisziplinären Studiengruppe Werkzeugwissen-Wissenswerkzeuge, am Forschungszentrum für Historische Geisteswissenschaften, beschäftigt er sich außerdem mit dem zur Maschine verwandten Begriff des Werkzeugs. Seine Arbeitsschwerpunkte sind: Visuelle Kultur, Ideengeschichte der Maschine, Populärkultur, Bildtheorie und Zeitgenössische Kunst. E-Mail: malohren@outlook.de

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