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Harald Hillgärtner


abstract:

Der Computer als Basar

Gegen Ende seines Aufsatzes "The Computer as a Communication Device" formulierte einer der Pioniere des Internet, J.C.R. Licklider, bereits 1968 die Vorstellung, dass mit Hilfe der vernetzten Computer eines Tages die gesamte Weltbevölkerung an einem "infinite crescendo of on-line interactive debugging" beteiligt sein wird. Annähernd vierzig Jahre später ist diese Vision beileibe noch nicht eingelöst. Dennoch wurde bereits hier ein wesentliches Merkmal des Computers als Medium vorgedacht: Sein partizipatives Moment. Licklider extrapolierte jedoch dabei lediglich seine Erfahrungen mit den "Communities", die sich seinerzeit um die wenigen zur Verfügung stehenden Time-Sharing-Maschinen bildeten: "In the half-dozen communities, the computer systems research and development and the development of substantive applications mutually support each other. They are producing large and growing resources of programs, data, and know-how. But we have seen only the beginning. There is much more programming and data collection - and much more learning how to cooperate - to be done before the full potential of the concept can be realized."

Dass der Computer inzwischen zu einem der zentralen Medien der Gegenwart avanciert ist, steht kaum noch zur Debatte. Doch die (Re-)Formulierung vom Computer als Medium besagt weitaus mehr, als lediglich die Effektivierung von Kommunikation. Was sich bereits bei den Time-Sharing-Maschinen herauskristallisierte, ist vielmehr die Lektion, die Eric S. Raymond wesentlich später als seine zentrale Erkenntnis bei der Entwicklung von Open-Source-Software betrachtete: "Linux was the first project for which a conscious and successful effort to use the entire world as its talent pool was made." In einem Essay brachte er diese Entwicklung auf die griffige Formel von der Kathedrale und dem Basar. Das herkömmliche Entwicklungsmodell entspreche hierbei der Kathedrale, in der Software streng hierarchisch entwickelt werde. Demgegenüber beruhe die Produktion freier Software auf dem Basarmodell, also auf einem offenen, kollaborativen Prozess.

Frage wäre, ob sich dieser Ansatz nicht allgemeiner auf den Computer als Medium beziehen lässt. Privilegiert dieser nicht den Basar gegenüber der Kathedrale?

Tatsächlich beruhen einige der spannendsten Entwicklungen der letzten Jahre auf dem Basarmodell und dies keineswegs nur im Bereich der Software. Das von Tim O'Reilly so getaufte "Web 2.0" beruht ebenso wie Lawrence Lessigs "Creative Commons" auf diesem Ansatz. Suspendiert ist damit jedoch keinesfalls das Konzept von Autorschaft. Auch wenn der Einzelne hinter den Vielen zurücktritt, ist der Basar doch auf die Partizipation der Einzelnen angewiesen. Es ist vielmehr die Kathedrale, hinter der die Arbeit der vielen Autorinnen und Autoren nicht mehr wahrgenommen wird. Demgegenüber entsteht der Mehrwert beim Basarmodell aus der kollektiven Produktion, die dem Einzelnen einen neuen Status der Autorschaft und damit auch eine eigenständige Wahrnehmbarkeit ermöglicht.

Hans Magnus Enzensberger behauptete in seinem "Baukasten zu einer Theorie der Medien", dass es falsch sei, "Mediengeräte als bloße Konsumtionsmittel zu betrachten." Sie seien "im Prinzip immer zugleich Produktionsmittel". Was in Hinsicht auf die bisherigen elektronischen Medien wie Radio, Film und Fernsehen eher Wunschdenken geblieben ist, stellt sich beim Computer als Medium in einem anderen Licht dar. Als universelle Maschine ist er tatsächlich immer auch Produktionsmittel, als "Basar" jedoch über die technische Ebene hinaus ein Arbeitsmittel zur kollektiven Produktion. Die produktive Seite des Mediums findet sich daher weniger hinter solchen Schlagworten wie "virtuell", "digital" oder "interaktiv", als vielmehr in einem Produktionsmodell, dessen Basis die freie Verfügbarkeit von Inhalten darstellt.


bio:

Harald Hillgärtner
geb. 1969 in Siegen

1995-2001 Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Kunstgeschichte und Psychoanalyse in Frankfurt am Main.

Seit 2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter, Professur für Geschichte und Ästhetik der Medien, Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Frankfurt am Main.

2006 Promotion zum Dr. phil., Thema der Dissertation "Das Medium als Werkzeug. Plädoyer für die Rehabilitierung eines abgewerteten Begriffes in der Medientheorie des Computers".

Forschungsschwerpunkt zu Medientheorie und -ästhetik des Computers.


linx:

unbestimmtes
www.unbestimmtes.de



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